Die RCA ist darauf beschränkt, Grundursachen zu bestimmen. Die RCA+ erlaubt es, sowohl Grundursachen als auch Grundkonflikte zu finden – auf Kosten eines erhöhten Aufwandes. Es gibt gewisse Kriterien dafür, wann das eine und wann das andere Verfahren besser geeignet ist. Man sollte sich aber bewusst sein, dass die im folgenden angegebenen Kriterien im Einzelfall auch unzutreffend sein können.
Die beiden folgende Aussagen sind sicherlich etwas grob, dafür aber sehr prägnant:
Ausentwickelte (d.h., fertig entwickelte, auf dem Markt befindliche) Produkte besitzen keine unerwünschten Aspekte, die auf Grundursachen beruhen. Ausentwickelte Produkte besitzen nur unerwünschte Aspekte, die auf Grundkonflikte beruhen.
Ein unerwünschter Aspekt, der auf einer Grundursache beruht, ist Zeichen eines nicht ausentwickelten Produkts. Entweder ist das Produkt noch im Entwicklungsprozess, oder der Entwicklungsprozess wurde zu früh beendet und damit ein unfertiges Produkt auf den Markt gebracht.
Ein wichtiges Kriterium für die Wahl zwischen RCA und RCA+ ist also, in welchem Stadium des Produktlebenszyklus man sich befindet.
Ein anderes Kriterium ist die Aufgabenstellung.
Das System funktioniert eigentlich bereits ganz vernünftig. Es soll verbessert werden, um einen leistungsfähigeren Nachfolger zu erhalten. In diesem Fall ist die RCA+ meistens geeigneter.
Das System funktioniert, zumindest in gewissen Bereichen oder in gewissen Situationen, nicht vernünftig. Es geht also darum, „Defekte“ zu beheben. Hierfür ist die RCA meistens ausreichend.
Die RCA+ ist leistungsfähiger als die RCA. Man kann also niemals etwas übersehen, indem man eine RCA+ an Stelle einer RCA durchführt. Dies wird mit einem erhöhten Arbeitsaufwand erkauft, so dass eine RCA+ zwar effektiver, nicht aber immer effizienter ist. Insbesondere braucht man sich bei einer RCA nicht über wünschenswerte Aspekte klar zu werden.
Der konzeptionelle Unterschied zwischen RCA und RCA+ ist kleiner, als er vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag. Auf Seite wurde beschrieben, dass Warum-Fragen im Rahmen der RCA sich immer auf kausale Abhängigkeiten beziehen – sie beziehen sich nicht auf Ziele und Zwecke. Eine RCA beschreibt daher, wie es kausal dazu kommt, dass ein Problem entsteht. Eine RCA enthält nicht die Informationen darüber, weshalb der Entwickler des Systems diese oder jene Designentscheidung so getroffen hat. Eine große Öffnung eines Abfallbehälters erhöht das Geruchsproblem (kausale Abhängigkeit), aber der Entwickler des Behälters hat sich dabei ja etwas gedacht – durch die große Öffnung kann Müll leichter eingeworfen werden (Ziel).
Die RCA kann keine Ziele darstellen, die RCA+ dagegen schon. Die Darstellung in der linken Spalte entspricht keinem gebräuchlichen Analyseverfahren.
Der Unterschied zwischen RCA und RCA+ ist in dieser Nomenklatur ziemlich leicht zu erklären:
Die RCA beschäftigt sich nur mit „Warum?“-Fragen, die sich nach einem kausalen Zusammenhang erkundigen. „Warum?“-Fragen nach einem Ziel oder einem Zweck werden nicht behandelt.
Die RCA+ behandelt beide Arten von „Warum?“-Fragen gleichberechtigt. Sowohl Fragen nach einer kausalen Abhängigkeit als auch nach einem Ziel werden abgebildet.
Ziele werden in einer standardkonformen RCA-Darstellung nicht abgebildet. Eine entsprechende Erweiterung wäre möglich (obige Abbildung links), ist aber ungebräuchlich. In einer RCA+ sind dagegen derartige Ziele standardmäßig enthalten, da sie nichts anderes als wünschenswerte Aspekte beschreiben. Konflikte entstehen meistens aus Zielen – eine Designentscheidung wird vom Entwickler gemacht, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, aber diese Designentscheidung hat dann auch negative Auswirkungen.