In einem traditionellen Entwicklungsansatz werden nacheinander die folgenden Fragen gestellt:
Wie lautet ein denkbarer Lösungsansatz?
Welche Zutaten (Stoffe, Felder, usw.) brauche ich für die Lösung?
Wo bekomme ich sie her?
Der Ansatz der Ressourcensuche kehrt diese Abfolge um:
Was habe ich (bereits sowieso) zur Verfügung?
Wie könnte ich diese Zutaten nutzen?
Wie lautet ein denkbarer Lösungsansatz?
Im traditionellen Ansatz ergeben sich häufig neue notwendige „Zutaten“, so dass das technische System hierdurch komplexer oder zumindest teurer wird. Im Ansatz der Ressourcensuche wird dieses vermieden – es wird gezielt nach Lösungsansätzen, die das bereits Vorhandene maximal ausnutzen, gesucht.
Alles, was zu einer Problemlösung genutzt werden kann und sowie bereits vorhanden ist, ist eine Ressource im engeren Sinne. Bei der Ressourcensuche geht es primär darum, Ressourcen im engeren Sinne zu finden. Wenn die gefundenen Ressourcen im engeren Sinne nicht ausreichen, so wird auch nach Ressourcen im weiteren Sinne gesucht, wobei allerdings möglichst nach Ressourcen im „halb-engen Sinn“ gesucht wird – solche Ressourcen sind zwar nicht bereits vorhanden, aber mit relativ geringem Aufwand beschaffbar bzw. verfügbar.
Stoffliche Ressourcen kann es sowohl im betrachteten System als auch in seiner Umwelt, dem sogenannten Obersystem, geben. Die Komponenten des Systems können oft in drei Gruppen unterteilt werden: Werkzeugkomponenten, Produktkomponenten und Abfall. Der erste Schritt in der Suche nach stofflichen Ressourcen besteht darin, alle Komponenten aufzulisten – und dieser Schritt ist meistens der einfachere.
Der zweite Schritt besteht daran, sich darüber klar zu werden, welche besonderen oder zumindest potentiell hilfreichen Eigenschaften diese Komponenten haben können. Ein Stoff kann zum Beispiel magnetisch sein oder sich unter Wärmeeinwirkung verformen.
Bei vielen technischen Aufgabenstellungen ist es relativ schnell klar, was hilfreiche Eigenschaften für die Lösung der Aufgabe sein könnten. Handelt es sich um eine Maschine, die mit einem Treibstoff angetrieben werden soll, so ist es höchstwahrscheinlich hilfreich, flüssigkeitsfeste Stoffe zur Verfügung zu haben, oder aber auch Stoffe, die Flüssigkeiten aufnehmen und wieder abgeben können.
Wurden im zweiten Schritt der Ressourcenanalyse keine geeigneten stofflichen Ressourcen gefunden, so kann überlegt werden, auf leicht oder billig verfügbare Stoffe auszuweichen. Was ein leicht oder billig verfügbarer Stoff ist, hängt stark von der Aufgabenstellung ab. In der Literatur wird als Beispiel oft „Schotter“ angegeben – aber diese Ressource ist eher für den Landschaftsbau als für industrielle Anwendungen relevant.
Im industriellen Umfeld gilt ein anderes Kriterium dafür, was als leicht und billig verfügbarer Stoff anzusehen ist, gilt, nämlich welche anderen Stoffe im dem betrachteten technischen System typischerweise verwendet werden. Besteht ein System primär aus Nickel und Kupfer, so ist Rohstahl im Vergleich dazu ein leicht und billig verfügbarer Stoff. Wird ein System dagegen zum großen Teil aus Kunststoff im Spritzgussverfahren hergestellt, so ist Rohstahl im Vergleich dazu ein extrem teurer Stoff. Die Suche nach leicht und billig verfügbaren stofflichen Ressourcen mit hilfreichen, aber durch die bereits vorhandenen stofflichen Ressourcen noch nicht abgedeckten Eigenschaften ist (sofern notwendig) der dritte Schritt der Ressourcenanalyse.
Eine Gedankenstütze für die Obergruppen wichtiger Feldtypen lautet „MeThChEM“, was für
steht. Besonders hilfreich sind ständig oder zumindest beinahe ständig verfügbare Felder, wie zum Beispiel das Gravitationsfeld der Erde. Alle regenerativen Energieträger sind ein Beispiel für die Anwendung solcher (beinahe) ständig frei verfügbarer Feldressourcen.
Es kann hilfreich sein, sich bewusst zu machen, wie die zeitliche und räumliche Abhängigkeiten der gefundenen Felder sind. Nicht alle Felder sind zeitlich konstant, sondern sie können verschiedene zeitliche Abhängigkeiten haben. Im machen Fälle verändert sich das Feld zeitlich unkontrolliert bzw. unvorhersagbar, was die Zeitabhängig wenig nutzbar macht. In anderen Fällen ist das Feld periodisch oder dessen Eigenschaften werden von einer anderen Größe moduliert, so dass es als Ressource für Mess- oder Steuerungsaufgaben geeignet ist.
Räumlich kann ein Feld homogen oder inhomogen sein. Inhomogone Felder müssen nicht zwingend eine kleinräumige und/oder unvorhersagbare Ortsabhängigkeit besitzen. Besitzt das Feld eine räumliche Struktur, z.B. wenn es periodisch ist, so kann diese Struktur oftmals ausgenutzt werden.
Nach einer durchgeführten Ressourcenanalyse sind die vorhandenen Feldressourcen bekannt. Häufig hätte man zur Problemlösung gerne eine andere Feldressource – die aber leider nicht vorhanden ist. Zu diesem Zweck können physikalische Effekte genutzt werden: Physikalische Effekte wandeln ein Feld in ein anderes Feld um, und so kann aus einer vorhandenen Feldressource (im engeren Sinne) eine neue Feldressource (unter Umständen nur im weiteren Sinne) erzeugt werden. Geeignete Umwandlungsmöglichkeiten zwischen Feldressourcen können in Effektendatenbanken recherchiert werden.
Das Konzept “Funktionen“ ist genauer im Abschnitt „Funktionsmodelle“ beschrieben. An dieser Stelle ist von der dortigen Nomenklatur nur wichtig, dass ein Funktionsträger eine Funktion an einem Funktionsobjekt ausübt. Weiter oben wurde bereits das Beispiel eines Unimogs behandelt. Wie in jedem Kraftfahrzeug gibt es einen Motor (Funktionsträger), der eine Drehung (Funktion) einer Radantriebswelle (Funktionsobjekt) bewirkt.
Bei Unimogs wird die Motorenwelle nach vorne herausgeführt. Hierdurch können Arbeitsvorrichtungen an ihm montiert und vom Motor angetrieben werden.
Zu einer Funktionsressource wird dieses dadurch, dass der Funktionsträger (Motor) dieselbe Funktion (Drehen) auch an einem anderen Funktionsobjekt, zum Beispiel einer Antriebswelle für Werkzeuge, durchführen kann.
Eine Funktionsressource kann auch dadurch entstehen, dass ein Funktionsträger eine andere, aber sehr verwandte Funktion ausführt, d.h., die zusätzliche Funktion kann ohne wesentlichen Mehraufwand realisiert werden. In Zügen müssen alle Achsen mit einer Bremse versehen sein. Wird ein Zug traditionell mit einer Lokomotive angetrieben, so wird beim Bremsen der größte Teil der kinetischen Energie in den Bremsen der Waggons in Wärme umgewandelt und geht verloren.
In einem Zug müssen alle Achsen mit einer Bremse versehen sein. In einem traditionellen Zug (links) sind nur wenige Achsen angetrieben, nämlich die der Lokomotive, während in einem Triebwagenzug (rechts) dagegen alle (oder zumindest viele) Achsen in den Waggons mit einem Motor versehen sind. Diese Motoren können auch als Bremse genutzt werden.
Bei einem Triebwagenzug gibt es keine Lokomotive mit einem großen Motor mehr, sondern viele kleine Elektromotoren sind über die Achsen des gesamten Zuges verteilt. Die Elektromotoren stellen die Funktion „Elektromotor treibt Achse an“ zur Verfügung. Die Elektromotoren können jedoch auch als Generatoren genutzt werden. Der vom Generator erzeugte Strom kann in die Oberleitung zurückgespeist werden – dies ist der Hauptgrunde, warum vom ICE 1 (mit Lokomotiven an beiden Enden des Zuges) zum ICE 2 auf das Konzept von Triebwagen umgestiegen worden war. Die Funktion „Elektromotor treibt Achse an“ wird zur Funktionsressource, indem die Funktion „treibt an“ durch die verwandte Funktion „bremst ab“ ergänzt wird und diese neue Funktion mit geringem Mehraufwand angeboten werden kann.
Bei der Suche nach Stoffressourcen und Feldressourcen ging es darum, etwas bereits vorhandenes zu finden. Bei der Suche nach Funktionsressouren kam der Aspekt dazu, dass eine bereits vorhandene Funktion auch abgewandelt werden kann, um sie dann nutzen zu können. Bei räumlichen Ressourcen, also „ungenutztem Platz“, gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. Zum einen können bereits vorhandene räumliche Ressourcen gesucht (und gefunden) werden. Zum anderen geht es darum, neue räumliche Ressourcen erst zu schaffen, und auch dafür sollen im folgenden Ideen gegeben werden.
Räumliche Ressourcen für einen Kompressor eines Kühlschranks sollten zuerst im Kompressor selber gesucht werden. Nächstbeste Alternative sind räumliche Ressourcen in seinem direkten Obersystem, also dem Kühlschrank. Erst danach sollten Ressourcen im gesamten Obersystem, also dem Rest der Küche, gesucht werden.
Räumliche Ressourcen können sowohl im betrachteten technischen System selber als auch in seiner Umgebung, d.h., seinem Obersystem, gefunden werden. Hierbei ist es oftmals hilfreich, das Obersystem in das direkte Obersystem und in die weitere Umgebung aufzuteilen. Das direkte Obersystem des Kompressors in einem Kühlschrank ist der Kühlschrank als solches, die weitere Umgebung würde dagegen auch die gesamte Küche umfassen.
Räumliche Ressourcen können dadurch geschaffen werden, dass die vorhandenen Objekte neu angeordnet werden. Ideen, die geprüft werden sollten, sind:
Rubrik | Optionen |
---|---|
Neuanordnung im Ort: | verschiedene Ebene |
verschiedene Schichten | |
verschiedene Lagen | |
Neuanordnung bzgl. Richtung: | orthogonal |
radial | |
tangential | |
Integration | |
Verschachtelung: | zweidimensional (Spirale) |
dreidimensional (Schraube) |
Eine weitere Frage ist, ob räumliche Ressourcen dauerhaft vorhanden sein müssen oder ob auch temporäre Ressourcen ausreichend sein können. Das letztere soll bedeuten, dass leerer Raum nur in dem Zeitraum, zu dem er für einen bestimmten Vorgang gebraucht wird, geschaffen wird. Viele der in der Tabelle aufgeführten Möglichkeiten können auch zur temporären Schaffung räumlicher Ressourcen genutzt werden.