Michael Patra

Funktionen

Im Abschnitt über Komponenten wurden die beiden Begriffe Komponente und Parameter eingeführt. Der jetzt einzuführende Begriff der Funktion baut hierauf auf. Eine Funktion ist eine Wirkung eines Systems (oder einer seiner Komponenten) auf eine andere Komponente, wodurch ein Parameter dieser Komponente verändert, eliminiert oder aktiv erhalten wird.

Eine Funktion besteht also aus vier Angaben:

  1. Funktionsträger: die „sendende“ Komponente
  2. Funktionobjekt: die „empfangende“ Komponente
  3. Parameter, der durch die Funktion geändert wird
  4. Art der Veränderung dieses Parameter

Der Kamin erhöht die Temperatur des Raumes. Der Faden erhält die Position des Bildes.

Die Funktion des Kamins in der Abbildung liegt darin, die Temperatur eines Zimmer (der Raumluft, der Wände usw.) zu erhöhen. Die Funktion des Fadens in derselben Abbildung liegt darin, die Position des Bildes zu erhalten. Die vier Angaben, die eine Funktion beschreiben, lauten also:

Funktionsträger Funktionobjekt Parameter Art der Veränderung
Kamin Raum Temperatur Erhöhung
Faden Bild Position aktive Erhaltung

Nur im Notfall wird man allerdings eine Funktion derart beschreiben, dass man diese vier Angaben explizit macht, denn für viele Kombinationen aus Parameter und Art der Verbindung stellt die deutsche Sprache eigene Verben zur Verfügung. Man wird die beiden oben dargestellten Funktionen im Normallfall selbstverständlich als „Kamin heizt Zimmer“ und „Faden hält Bild“ bezeichnen.

Die oben gegebene Definition des Begriffs „Funktion“ beinhaltet, dass ein Parameter verändert, eliminiert oder aktiv erhalten wird. Hat man eine Funktion aufgestellt, so kann durch eine einfache Testfrage überprüft werden, ob die Funktion korrekt formuliert worden ist: Was würde sich für das Funktionsobjekt ändern, wenn der Funktionsträger nicht mehr vorhanden wäre? Im Beispiel würde das Zimmer langsam kalt werden bzw. das Bild würde herunterfallen – es würde sich also etwas verändern. Die beiden Funktionen sind damit sinnvoll formuliert.

Die Schränke üben jeweils eine Funktion aus, genau wie das schwere Gewicht es auch tut. Die Wirkung des Buches ist dagegen vernachlässigbar.

Die Testfrage, ob sich etwas ändern würde, wenn der Funktionsträger nicht mehr vorhanden wäre, bedeutet auch, dass nur relevante Funktionen berücksichtigt werden sollten. In der obigeb Abbildung sind die beiden Schränke jeweils Funktionsträger: sie halten das Buch bzw. das Gewicht. Würde der Schrank plötzlich verschwinden, so würden diese beiden Gegenstände herunterfallen. Auch der Druck, den das Gewicht auf den Schrankboden ausübt, hat eine Auswirkung, wie an der Ausbeulung zu sehen ist. Das Buch dagegen übt keine Funktion auf den Schrank aus: Wenn das Buch plötzlich weg wäre, so würde dies für den Schrank keine Änderung bedeuten. In der Abbildung sind also genau drei Funktionen dargestellt:

  1. Schrank hält Buch
  2. Schrank hält Gewicht
  3. Gewicht verformt Schrank

In allen drei Fällen führt die Umgebungsluft zu einer relevanten Abkühlung der Komponente und muss daher modelliert werden. Die Erwärmung der Umgebungsluft dagegen muss nicht immer berücksichtigt werden.

Bei der Frage, wann eine Parameteränderung, die durch einen (potentiellen) Funktionsträger bei einem (potentiellen) Funktionsobjekt verursacht wird, relevant ist, muss je nach Situation entschieden werden. Die obige Abbildung zeigt drei technische Systeme, die warm sind. Die Umgebungsluft kühlt diese ab, und diese Abkühlung ist ein relevanter Prozess. Dies ergibt also die drei folgenden Funktionen:

  1. Umgebungsluft kühlt Kaffee
  2. Umgebungsluft kühlt Kochtopf
  3. Umgebungsluft kühlt Metall

Wann immer die Umgebungsluft etwas abkühlt, wird sie dabei selber aufgewärmt. Der Effekt der Kaffeetasse auf die Umgebungsluft ist dabei so klein, dass sie kaum messbar ist. Dementsprechend ergibt eine Funktion „Kaffee erhitzt Umgebungsluft“ keinen Sinn. Beim flüssigen Metall ist dieses definitiv anders: Es gibt eine Funktion „Metall erhitzt Umgebungsluft“. In einer Metallschmelze muss man sich deswegen Gedanken darüber machen, wie man die Lufttemperatur in einem erträglichen Rahmen halten kann. Beim Kochtopf ist keine eindeutige Antwort möglich: Je nach Anzahl der Kochtöpfe, Größe der Küche, Dauer des Kochens usw. ist das Modellieren einer Funktion „Kochtopf erhitzt Umgebungsluft“ sinnvoll oder nicht sinnvoll.

Hauptfunktion und Zielkomponente