In der Funktionsanalyse werden alle Funktionen, die von den Komponenten des Systems sowie den relevanten Obersystemkomponenten ausgeübt werden, bestimmt. Das Ergebnis ist ein Funktionsmodell des technischen Systems. Diese Analyse muss für jeden Modellierungszeitpunkt wiederholt werden. Gesamtergebnis sind also oftmals mehrere Funktionsmodelle.
Das Funktionsmodell kann auf drei verschiedene Weisen dargestellt werden: als realistische Grafik, als abstrakte Grafik oder tabellarisch. Die realistische Grafik ist oftmals am anschaulichsten, andererseits ist sie aber nur mit einem deutlich größeren Zeitaufwand zu erstellen. Das Funktionsmodell für einen Filzschreiber, während er geschlossen auf einem Tisch liegt, ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
Nach den Erläuterungen im Abschnitt über Funktionen sollten fast alle Funktionen, die eingezeichnet sind, selbsterklärend sein. Einzige Ausnahme ist vielleicht die Funktion „Kappe stoppt Tinte“. Umgangssprachlich schützt die Kappe die Tinte vor dem Austrocknen. Was jedoch wirklich geschieht ist, dass ständig ein bisschen des Lösungsmittels in der Tinte verdampft. Durch die Kappe wird dafür gesorgt, dass dieses Lösungsmittel nicht entkommen kann, sondern im Gleichgewicht mit neu verdampfenden Lösungsmittel in die Tinte zurückgeht. Näheres zur korrekten Formulierung von Funktionen, die etwas „schützen“ sollen, wird im Abschnitt über Schutzfunktionen besprochen.
Die Information, die in Abb. [filzstifttisch1] photorealistisch dargestellt war, kann auch als Tabelle dargestellt werden. Das Ergebnis in Tabelle [filzstifttisch2] aufgeführt. Hat man eine Interaktionstabelle wie auf Seite erstellt, so kann man eine tabellarische Funktionsanalyse am leichtesten erstellen, indem man alle Kreuze der Interaktionstabelle durchgeht und jeweils überprüft, ob eine Funktion zwischen diesen beiden Komponenten vorliegt.
Funktionsträger | Funktion | Funktionsobjekt |
---|---|---|
Kappe | hält | Einsatzstück |
hintere Hülle | hält | vordere Hülle |
vordere Hülle | hält | Kappe |
hintere Hülle | hält | Mine |
vordere Hülle | hält | Mine |
vordere Hülle | hält | Tinte |
Mine | hält (speichert) | Tinte |
Kappe | stoppt (verhindert Verdampfen / Auslaufen) | Tinte |
Einsatzstück | stoppt (verhindert Verdampfen) | Tinte |
vordere Hülle | stoppt (verhindert Verdampfen) | Tinte |
hintere Hülle | stoppt (verhindert Verdampfen / Auslaufen) | Tinte |
Schreibtisch | hält (verhindert Fallen) | hintere Hülle |
Schreibtisch | stoppt (verhindert Wegrollen) | Kappe |
Eine Komponente kann mehrere Funktionen ausführen, und es ist wichtig, alle Funktionen im Funktionsmodell aufzuführen. So führt das Mauskabel in Abb. [figMauskabel] nicht nur Informationssignale von der Maus zum Computer und Versorgungsspannung vom Computer zur Maus, sondern hält auch die Maus am Computer fest. Bei einer Funkmaus fällt letztere Funktion weg, weswegen diese Mäuse viel häufiger verloren gehen.
Der Hauptvorteil einer tabellerischen Darstellung gegenüber einer graphischen Darstellung ist, dass mehr Platz zur Verfügung steht, während es in einer graphischen Darstellung sehr schnell sehr eng werden kann. Nachteil ist allerdings die schlechtere Anschaulichkeit.
Eine photorealistische Darstellung ist sehr anschaulich, aber auch sehr zeitaufwendig, während eine tabellarische Darstellung nicht immer anschaulich ist. Ein guter Kompromiss ist eine abstrakte graphische Darstellung. Hierbei werden sowohl die Komponten des Systems (also die Untersysteme) als auch die Obersystemkomponenten durch Symbole dargestellt. Da die Zielkomponente sehr wichtig ist – schließlich wurde das System nur wegen ihr entwickelt – wird diese meistens besonders gekennzeichnet. Es sind verschiedene Symbole gebräuchlich; diese sind in der folgenden Abbildung zusammengestellt.
Verschiedene gebräuchliche Darstellungen von Komponenten des Systems und von Obersystemkomponenten. In diesem Text werden im folgenden die Symbole aus der rechten Spalte verwendet, man sollte aber mit allen Varianten vertraut sein.
Mittels dieser Symbole kann dann ein abstraktes Funktionsmodell erstellt werden. Für den Filzschreiber im Zustand „geschlossen auf Schreibtisch“ ergibt sich das folgende Modell:
Das Funktionsmodell im Zustand „offen auf Schreibtisch“ sieht ähnlich aus. Eine wichtige Änderung, nämlich weil sie das Obersystem betrifft, ist, dass jetzt auch die vordere Hülle das Auge über die Farbe des Filzschreibers informieren kann.
Als nächstes ist in der folgenden Abbildung der Zustand „an der Brusttasche festgeklemmt“ dargestellt.
Zum Abschluß ist in der folgenden Abbildung der Zustand „Schreiben“, der den eigentlichen Grund für die Erfindung des Filzschreibers darstellt, zu sehen.
Man könnte versucht sein, ein Funktionsmodell des Filzschreibers, das sämtliche Funktionen, die bisher auf vier getrennte Funktionsmodelle verteilt waren, in einem einzigen Diagramm vereinigt, zu erstellen. Dieses kann durchaus manchmal sinnvoll sein, allerdings zeigt die Abbildung, dass dieses ziemlich schnell unübersichtlich werden kann.
Der Prozess der Erstellung eines Funktionsmodells kann durch geeignete Formulare erleichtert bzw. besser strukturiert werden. Dies betrifft zum einen das tabellarische Funktionsmodell. Auch hier gilt, dass insbesondere bei der Arbeit in einer Gruppe Papier einem Computer überlegen ist – ein Tabellenkalkulationsprogramm ist zum Rechnen gedacht, nicht zum gemeinsamen Erarbeiten von Verständnis.
Insbesondere wenn das Zeichnung von Funktionsmodellen noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist, kann es hilfreich sein, für die Erstellung eines graphischen Funktionsmodells ein Formular mit einer Übersicht der Nomenklatur zu verwenden.