Ein physikalischer Widerspruch beschreibt widersprüchliche Anforderungen, die sich aus einem System und seinem Aufbau ergeben. Jedes technische System dient einem Zweck. Der Aufbau des Systems wird jedoch nicht alleine durch seinen Zweck bestimmt, sondern vielmehr auch durch das Wirkprinzip, welches zur Erreichung des Ziels gewählt wurde.
Dampfantrieb, Elektroantrieb und Dieselantrieb sind drei verschiedene Wirkprinzipien zum Vortrieb einer Lokomotive.
Zum Beispiel gibt bzw. gab es drei relevante Wirkprinzipien für den Antrieb eines Zuges durch eine Lokomotive, und zwar basierend auf Dampf, Strom und Diesel. Für jeden Dampfkessel einer Dampflokomotive ergibt sich der folgende physikalische Widerspruch:
Die Kesselwand soll dick sein, damit ein hoher Dampfdruck verwendet werden kann,
und die Kesselwand soll dünn sein, damit die Lokomotive leicht ist.
Dieser Widerspruch folgt nicht aus den prinzipiellen Eigenschaften einer jeden Lokomotive, sondern folgt aus dem gewählten Wirkprinzip „Dampf“. Wird das Wirkprinzip der Lokomotive von Dampf auf Strom oder Diesel umgestellt, so wird der obige Widerspruch damit hinfällig. Da im strengen Sinne der Widerspruch nicht behoben wurde, spricht man von einer Umgehung der widersprüchlichen Anforderungen.
Die mechanische Wechselwirkung zwischen einem Bohrer und dem Werkstück führt zu physikalischen Widersprüchen, die beim Laserbohren entfallen.
Beim Bohren mit einer Bohrmaschine ist die richtige Wahl der Drehzahl wichtig. Diese Wahl ist nicht immer einfach, da sie physikalischen Widersprüchen unterliegt, zum Beispiel:
Ein Bohrer soll sich schnell drehen, damit das Bohrloch sauber wird,
und ein Bohrer soll sich langsam drehen, damit er sich nicht zu stark erhitzt.
Wird ein anderes Wirkprinzip gewählt, z.B. Laserbohren oder Wasserstrahlschneiden, so hat dieser Widerspruch keine Bedeutung mehr, er ist also umgangen worden.