Das problemorientierte 9-Felder-Denken ist ein Ansatz, um Ressourcen zu finden, die bei der Lösung eines Problems helfen können. Es gibt auch 9-Felder-Ansätze für andere Zwecke; der Vorsatz „problemorientiert“ dient daher zur Abgrenzung gegen diese anderen Ansätze.
Im vorherigen Abschnitt waren die verschiedenen Arten von Ressourcen beschrieben worden, und die dortige Tabelle zeigte die sechs verschiedenen Arten von Ressourcen. Man kann diese Tabelle auch zur Suche nach Ressourcen nutzen, indem man für jeden Eintrag fragt, ob es eine entsprechende Ressource gibt, also z.B. „Welche Feldressourcen gibt es?“.
Das problemorientierte 9-Felder-Denken geht an diese Aufgabe anders heran. Es werden nämlich die beiden folgenden Fragen verwendet:
Wo könnte es Ressourcen geben?
Wann könnte es Ressourcen geben?
Diese beiden Achsen spannen ein Diagramm auf.
Das problemorientierte 9-Felder-Denken gliedert die Ressourcen nach den Kriterien „wo(her)“ und „wann“.
Das problemorienterte 9-Felder-Denken soll helfen, ein bestimmtes Problem zu lösen. Ein Problem tritt jedoch häufig nicht ständig auf, sondern nur zu einem bestimmten Zeitpunkt oder wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Sonnenbrand tritt zum Beispiel nicht ständig auf, sondern nur, wenn man zu lange ungeschützt in der Sonne war. Der Zeitpunkt des Problems „Sonnenbrand“ ist also der Moment „Mensch befindet sich in der Sonne“.
Das Problem „Sonnenbrand“ kann durch verschiedene Maßnahmen verhindert bzw. in seiner Stärke verringert werden. Manche Maßnahmen müssen getroffen werden, bevor man in die Sonne geht, andere, während man in der Sonne ist, und andere können danach noch getroffen werden.
Denkbare Lösungen bzw. denkbare Ressourcen können nun dadurch unterschieden werden, wann sie relativ zum Zeitpunkt des Problems eingesetzt werden können. Die Abbildung zeigt dieses für das Problem „Sonnenbrand“. Sonnenschutzcreme ist eine sehr hilfreiche Ressource, nutzt jedoch nichts mehr, wenn sie erst nach dem Sonnenbad auf die Haut aufgetragen wird. Eine Panthenolsalbe kann die Auswirkungen eines bereits vorhandenen Sonnenbrands verringern, aber Vorbeugen tut sie nicht. Ein Hut oder langärmelige Kleidung bringen nur dann etwas, wenn sie getragen werden, während man in der Sonne ist – sie im Haus zu tragen, also bevor oder nachdem man draußen in der Sonne war, ist zur Vermeidung eines Sonnenbrandes nutzlos.
Maßnahmen, die nach dem Eintritt des Problems getroffen werden, können oftmals das Problem als solches nicht mehr verhindern, sondern nur noch seine Auswirkungen mindern. Dies kann auch auf eine andere Weise ausgedrückt werden: Das „Problem“ ist nur ein Teilaspekt eines größeren Zieles, des sogenannten Oberzieles. Das Problem „Sonnenbrand“ ist nur ein Aspekt des Oberzieles „gesunde Haut“. Genauso ist das Verhindern von Wohnungsbränden nur ein Teilaspekt des Oberzieles „Überleben der Bewohner“. Ein Rauchmelder verhindert keinen Wohnungsbrand, aber er erlaubt schlafenden Bewohnern die Flucht – auch wenn danach die gesamte Wohnung ausbrennt.
Ein Rauchmelder wird meistens erst aktiv, wenn das Feuer bereits so groß ist, dass es kaum noch von einem Laien gelöscht werden kann. Damit verhindert bzw. löst er das Problem „Wohnung brennt aus“ nicht, aber er hilft trotzdem, indem man den Wohnungsbrand wenigstens überlebt.
Die eine Frage beim problemorientierten 9-Felder-Denken war die nach dem „wann“, und nur diese war bis jetzt erläutert worden. Nun geht es um die andere Frage, nämlich die, “wo“ bzw. “woher“ Lösungen für das Problem bzw. hilfreiche Ressourcen genommen werden könnten. Im Kapitel „Funktionsmodelle“ wurden die Begriffe „Systems“, „Obersystem“ und „Untersystem“ eingeführt. Die Achse „woher“ im problemorientierten 9-Felder-Denken kann daher bequem mittels dieser Begriffe strukturiert werden.
Ein System enthält meistens mehrere Untersysteme, und auch das Obersystem besteht meistens aus verschiedenen Teilen. Dementsprechend gibt es nicht nur drei Unterteilungen, sondern oftmals deutlich mehr, da Obersystem- und Untersystembereiche noch weiter unterteilt werden müssen.
Um möglichst effizient Ressourcen finden zu können, muss in möglichst vielen verschiedenen Obersystemkomponenten und Untersystemen gesucht werden.
Als Beispiel wollen wir das Problem betrachten, dass Autos zu viel Benzin verbrauchen. Das System lautet also „Auto“. Untersysteme eines Autos sind zum Beispiel der Motor, die Karosserie, die Bremsen und die Sitze. Obersystemkomponenten sind zum Beispiel die Straßen, die Ampeln und die Tankstellen. Denkbare Lösungsansätze mittels dieser Komponenten sind in der Abbildung dargestellt.
Denkbare Lösungsmöglichkeiten für das Problem „Autos verbrauchen zu viel Benzin“, aufgeschlüsselt danach, ob der Lösungsansatz im Obersystem, im System als Ganzes oder in einem bestimmten Untersystem liegt.
Die beiden Fragen „wo(her) kann die Ressource/Lösung kommen“ und „wann wirkt sie“ wurden in den beiden oben dargestellten Beispielen getrennt behandelt, da so der Hintergrund hinter diesen beiden Frageansätzen besser verständlich wird – einmal ergeben sich drei Spalten, einmal ergeben sich drei Zeilen, die gegebenenfalls noch weiter untergliedert sein können. Werden diese beiden Ansätze zusammengenommen, so ergeben sich 9 Felder – daher der Name dieser Technik. Dies ist zur Übersicht hier noch einmal zusammengefasst.
Am einfachsten wird das 9-Felder-Denken mittels eines Formulars durchgeführt. Das explizite Aufschreiben der Systemkomponenten am Anfang des 9-Felder-Vorgehens mag auf den ersten Blick vielleicht überflüssig erscheinen, ist für den weiteren Prozess jedoch sehr hilfreich. Für jedes der neun Felder muss dann überlegt werden, ob es einen für dieses Feld zutreffenden Lösungsansatz geben könnte. Die am Anfang aufgestellte Liste der Komponenten (Obersystemkomponenten, Untersysteme) kann hierbei als Anregung dienen.
Wenn man beim Suchen nach Ressourcen bzw. Lösungsansätzen für eines der neun Feld keine Ideen hat, so sollte man nicht ewig darüber nachdenken, sondern irgendwann aufgeben. Andererseits darf man auch nicht zu schnell zum nächsten Eintrag weitergehen, da die wirklich kreativen Ideen genau diejenigen sind, auf die man nicht sofort kommt. Sinnvoll ist es, sich eine bestimmte feste Zeit vorzugeben (z.B. zwei oder drei Minuten), bevor man zum nächsten Feld wechselt. Bei den Feldern für das Obersystem bzw. die Untersysteme kann es sinnvoll sein, feiner vorzugehen und die am Anfang aufgestellte Liste der Obersystemkomponenten bzw. Untersysteme zu verwenden: an Stelle einer Zeitvorgabe für jedes der neun Felder wird dann eine Zeitvorgabe pro aufgelisteter Komponente gemacht.