Michael Patra

Interaktionsanalyse

Nächster Schritt ist die sogenannte Interaktionsanalyse. Diese markiert, welche Komponenten des technischen Systems bzw. welche Obersystemkomponenten sich berühren. Eine „Berührung“ ist hierbei ziemlich allgemein zu verstehen: Die Sonne berührt in diesem Sinne eine Solarzelle, weil es die von der Sonne ausgehenden Sonnenstrahlen tun. Man kann die Interaktionsanalyse auch so verstehen, dass geprüft werden soll, welche Komponenten im Prinzip miteinander interagieren könnten – ob sie dieses tatsächlich tun, wird dann in einem späteren Schritt bei der eigentlichen Funktionsmodellierung geprüft.

Für den Filzschreiber ergibt sich das folgende Ergebnis:

Interaktionsanalyse für den Filzschreiber

Es gibt verschiedene Ansätze, wie die Diagonale dieser Tabelle interpretiert werden kann. Ein denkbarer Ansatz ist es, dort ein Kreuz einzutragen, wenn die Komponente aktiv auf sich selbst wirkt. Im System „Straßenverkehrsnetz“ sind die Autos Untersysteme, die aktiv auf sich selbst wirken – sie besitzen einen eigenen, auf diesem Detaillierungsgrad nicht genauer modelliertes Antrieb. Das Untersystem „Ampeln“ wirkt dagegen nicht aktiv auf sich selbst.

Die hintere Hülle hat eine derartige Gewichtsverteilung, dass sie sich immer in eine Position rollt, bei der der Markenname lesbar ist.

Auch der Filzschreiber besitzt eine Komponente, die aktiv auf sich selbst wirkt, auch wenn das in den bisher gezeigten Bildern nicht zu erkennen war. Auf der hinteren Hülle ist der Markenname aufgedruckt, und die Hülle ist nicht rotationssymmetrisch aufgebaut: Wird die Hülle nicht durch irgendetwas festgehalten, so führt ihre asymmetrische Gewichtsverteilung dazu, dass sie sich genau so dreht, dass der Markenname nach oben weist. Diese „Werbefunktion“ wird im Folgenden allerdings ignoriert.

Es gibt verschiedene Meinungen darüber, inwiefern die Durchführung einer Interaktionsanalyse wirklich zwingend notwendig ist. Oftmals wird, zumindest sobald man ein wenig Erfahrung gesammelt hat, dieser Schritt übersprungen und direkt zur Funktionsmodellierung übergegangen.

Hilfreich ist die Interaktionsanalyse für zwei Anwendungen: Zum einen ist eine Interaktion zwischen zwei Komponenten ein Indiz dafür, dass einer dieser beiden Komponenten eine Funktion auf die andere ausüben könnte. Bei der Aufstellung der Liste der Funktionen muss man sich daher nur noch die Paare aus Komponenten, die in der Interaktionsanalyse gefunden worden waren, ansehen. Zum anderen kann eine Interaktionsanalyse hilfreich sein, wenn im Rahmen des sogenannten „Trimming“ zwei Komponenten zu einer Komponente zusammengefügt werden sollen. Zwei Komponenten in physikalischem Kontakt sind hierfür bessere Kandidaten als zwei räumlich getrennte Komponenten.

Die Aufstellung der Interaktionsanalyse kann mittels geeigneter Formulare unterstützt werden. Vor der tatsächlichen Durchführung einer Interaktionsanalyse muss eine Entscheidung getroffen werden: Sollen die verschiedenen Modellierungszeitpunkte bzw. Anwendungssituation getrennt betrachtet werden? Eine Option ist es, jeweils einen Zeitpunkt für sich zu betrachten und jeweils ein eigenes Formular auszufüllen. Da in der Komponentenanalyse bereits bestimmt worden war, welche Obersystemkomponenten zu welchen Modellierungszeitpunkten relevant sind, brauchen jeweils nur diese Obersystemkomponenten in das Formular aufgenommen zu werden. So können zum Beispiel bei der Modellierung eines offen auf einem Tisch liegenden Filzschreibers die Obersystemkomponenten Brusttasche, Papier und Hand weggelassen werden.

Interaktionsanalyse für einen offen auf einem Tisch liegenden Filzschreiber.

Bei Ausfüllen des Formulars ist es nur notwendig, eine Hälfte der Matrix auszufüllen, da die Matrix spiegelbildlich ist. Trotzdem kann, falls gewünscht, die gesamte Matrix ausfüllen und anschließend die Spiegelsymmetrie überprüfen. Das Risiko, eine Interaktion zu übersehen, wird auf diese Weise signifikant verringert – auf Kosten von mehr Arbeitsaufwand.

Eine weitere Option ist es, Interaktionen für alle Zeitpunkte zu modellieren, d.h., eine Interaktion zwischen zwei Komponenten wird bereits dann im Formular markiert, wenn zu mindestens einem Zeitpunkt eine Interaktion besteht. In einem solchen Formular gibt es eine Interaktion zwischen vorderer Hülle und Kappe, weil eine solche Interaktion im geschlossenen Zustand besteht. Weiterhin gibt es eine Interaktion zwischen hinterer Hülle und Hand, weil eine solche Interaktion beim Schreiben besteht.

Interaktionsanalyse, bei der eine Interaktion eingetragen wird, sobald zu mindestens einem Modellierungszeitpunkt eine Interaktion vorliegt.

Durch die Vielzahl der Anwendungssituationen, die man bei der Erstellung einer solchen Interaktionsanalyse bedenken muss, gibt es allerdings ein erhöhtes Risiko von Fehlern. Ein Kompromiss ist es, alle Interaktionen in einem Formular festzuhalten, aber dort zu markieren, wenn eine bestimmte Interaktion nur zu bestimmten Modellierungszeitpunkten vorhanden ist.

Interaktionsanalyse mit Angabe, zu welchem Modellierungszeitpunkt eine Interaktion vorliegt.

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